Andachtsbrief Emmausjünger

Liebe Gemeindeglieder,

die Wege, die wir derzeit gehen, sind andere als sonst. Bei manchen fehlt der übliche Weg zu den Eltern, der altbekannte Weg ins Büro oder in die Schule, der Weg durch das Dorf wird mit Abstand zueinander genossen und die Wege zum Einkaufen sehen schon anders aus mit Mundschutz und Handschuhen. Manche Wege in den letzten Wochen stimmten mich persönlich traurig. Zugleich merke ich auch immer wieder, wie sich mitten in meinem Alltag eine Hoffnung Bahn bricht, die ich schwer mit Worten ausdrücken kann. 
Und ich weiß mich in guter Gesellschaft, wenn ich an die Bibel, an die Jüngerinnen und Jünger denke, die nach Jesu Tod überhaupt nicht wussten, wie es jetzt weitergeht.
Wer kennt das nicht, solche dunklen Stunden im Leben, wenn man kein Licht am Ende des Tunnels mehr sehen kann? 

Die Jünger waren traurig, denn Jesus war tot. Mutlos waren sie auf ihrem Weg. Zwei von ihnen, so erzählt es die Bibel, waren auf dem Weg in einen Ort namens Emmaus, zwölf Kilometer von Jerusalm entfernt. Dieser Osterspaziergang begann alles andere als fröhlich. Es war ein Trauerweg, auf dem sie sich an vergangene Zeiten erinnerten. Vielleicht geht es Ihnen heute ähnlich. Sie denken an Menschen, die Sie gerade nicht persönlich in die Arme schließen dürfen, spüren die Sehnsucht. Vielleicht, haben Sie auch bereits einen geliebten Menschen verloren.
So, wie die beiden Jünger, die ich gerne mit Ihnen auf ihrem Osterspaziergang begleiten möchte. Sie waren verzweifelt, weil Jesus ans Kreuz genagelt worden war und gestorben ist. Gebannt waren sie von ihren traurigen Gedanken. „Wozu das alles noch“, „Ich kann nicht mehr“ – wer kennt sie nicht, diese Worte und Gedanken? Ein Streit in der Beziehung oder in der Familie, das Jonglieren zwischen Kinderbetreuung und Homeoffice, geringe Wertschätzung für all die Arbeit die andere nicht gleich oder gar nicht sehen. Diesen Weg nach Emmaus kennen wir gut. Oft sind unsere Wege verdunkelt und unsere Gedanken traurig. 
Da mitten hinein tritt Jesus und begegnet den beiden Jüngern:

15 Als sie so miteinander sprachen und alles hin und her überlegten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen. 
16 Aber sie erkannten ihn nicht; sie waren wie mit Blindheit geschlagen. 
17 Jesus fragte sie: „Worüber redet ihr denn so erregt unterwegs?“ Da blieben sie stehen und blickten ganz traurig drein, 18 und der eine – er hieß Kleopas – sagte: „Du bist wohl der Einzige in Jerusalem, der nicht weiß, was dort in diesen Tagen geschehen ist?“
19 „Was denn?“, fragte Jesus. „Das mit Jesus von Nazaret“, sagten sie. „Er war ein Prophet; in Worten und Taten hat er vor Gott und dem ganzen Volk seine Macht erwiesen. 
20 Unsere führenden Priester und die anderen Ratsmitglieder haben ihn zum Tod verurteilt und ihn ans Kreuz nageln lassen. 
21 Und wir hatten doch gehofft, er sei der erwartete Retter, der Israel befreien soll! Aber zu alledem ist heute auch schon der dritte Tag, seitdem dies geschehen ist!
22 Und dann haben uns auch noch einige Frauen, die zu uns gehören, in Schrecken versetzt. Sie waren heute früh zu seinem Grab gegangen 23 und fanden seinen Leichnam nicht mehr dort. Sie kamen zurück und erzählten, sie hätten Engel gesehen, die hätten ihnen gesagt, dass er lebt. 
24 Einige von uns sind gleich zum Grab gelaufen und haben alles so gefunden, wie es die Frauen erzählten. Nur ihn selbst sahen sie nicht.“
25 Da sagte Jesus zu ihnen: „Was seid ihr doch schwer von Begriff! Warum rafft ihr euch nicht endlich auf zu glauben, was die Propheten gesagt haben? 
26 Musste der versprochene Retter nicht dies alles erleiden und auf diesem Weg zu seiner Herrschaft gelangen?“ 
27 Und Jesus erklärte ihnen die Worte, die sich auf ihn bezogen, von den Büchern Moses und der Propheten angefangen durch die ganzen Heiligen Schriften. 
28 Inzwischen waren sie in die Nähe von Emmaus gekommen. Jesus tat so, als wollte er weitergehen. 
29 Aber sie ließen es nicht zu und sagten: „Bleib doch bei uns! Es geht schon auf den Abend zu, gleich wird es dunkel!“ Da folgte er ihrer Einladung und blieb bei ihnen. 
30 Als er dann mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, sprach das Segensgebet darüber, brach es in Stücke und gab es ihnen. 
31 Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn. Aber im selben Augenblick verschwand er vor ihnen.

(Lukas 22,15-31 Gute Nachricht)

Jesus geht also eine Zeit lang mit den Jüngern mit und sie erkennen ihn gar nicht. Ich denke, so wie die Jünger, erkennen auch wir es manchmal gar nicht, dass Jesus bei uns ist. Wir haben keine Augen und keine Ohren für ihn. Und oft genug dauert es auch bei uns, bis das vom Ohr in den Kopf geht und dann vom Kopf ins Herz, dann in die Hände und Füße. Das dauert seine Zeit. 
Bei den Emmaus-Jüngern dauerte es bis zum Abend. Sie spürten, dass in ihrem Herzen etwas zu brennen anfing. Sie konnten nicht genug davon hören, was der Fremde, in dem sie Jesus noch nicht erkannt hatten, ihnen erzählte.
Dann machten sie etwas ganz Wichtiges. Sie sagten: „Bleib doch bei uns!“ So kann ein Gebet beginnen. Sie wollten, dass er bleibt. „Herr, bleibe bei uns!“ So können auch wir beten. Herr, lass uns nicht alleine – wenn es dunkel wird in uns. In dieser Zeit der Krise. Lass uns nicht allein, wenn das Leben uns Fragen aufwirft. Lass uns nicht allein, wenn wir jemanden an unserer Seite brauchen und das so nicht möglich sein darf, wie sonst üblich. 
Beten ist Reden mit Gott. Wir dürfen ihm sagen, was uns auf dem Herzen liegt. Er hat versprochen, dass er unsere Bitten erhört. „Bittet, so wird euch gegeben“, sagt Jesus. 
Und dann geht Jesus auf ihre Bitte ein. Er bleibt noch eine Weile. Er nimmt ihre Einladung an und kommt mit in ihr Haus.
Jesus will zu jedem kommen, der ihn darum bittet. 
Vielleicht gehören Sie, wie auch ich, zu denen, die als Kinder vor dem Schlafengehen immer gebetet haben: „Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Wir konnten als Kinder nur ahnen, wer Jesus ist. Aber er hat unser Gebet bereits gehört und eines Tages haben wir dann verstanden, was wir damals als Kinder gebetet haben. Und dann wurde es uns irgendwann bewusst. Möglicherweise wird uns das auch erst bewusst, wenn wir uns auf einem Weg befinden, den wir uns nicht selbst führen können oder wenn wir Zeit und Raum haben, Jesus wahrzunehmen. Uns wird bewusst – so wie den beiden Jüngern auf ihrem Weg – dass es Jesus selbst ist, der uns die ganze Zeit über schon begleitet und der uns gehört hat. Auch den beiden Männern auf dem Weg nach Emmaus fällt es plötzlich wie Schuppen von den Augen: Jesus lebt, er ist von den Toten auferstanden. 
Ihre Traurigkeit ist wie weggeblasen. Sie freuen sich, denn nun wissen sie: Jesus ist nicht tot, er lebt. Das müssen sie unbedingt den anderen sagen. Sie laufen noch mitten in der Nacht wieder zurück nach Jerusalem. Draußen ist es noch dunkel, aber in ihren Herzen ist es ganz hell geworden. Aus dem Osterspaziergang wurde ein Osterlauf. Diese Botschaft dürfen auch Sie mitnehmen, für sich selbst in ihrem ganz individellen Alltag mit den ganzen Herausforderungen, die jetzt gerade auf Sie einprasseln. Sie dürfen daraus Kraft schöpfen, neue Schritte zu wagen und frohen Schrittes auf dem Weg des Glaubens zu gehen, wohl wissend, dass Jesus mit Ihnen geht, auch durch scheinbar ausweglose Situationen.
Wir dürfen uns freuen – trotz äußerlicher Einschränkungen – denn Jesus lebt und er geht mit.
So können wir mit ihm nach vorne sehen auf den Weg, der vor uns liegt.

Gerne möchte ich Ihnen mit diesem Brief auch mitteilen, wie der Weg für unsere Gemeinde in den kommenden beiden Wochen aussehen wird. 

An den beiden folgenden Sonntagen, den 26. April und den 3. Mai werden wir in Friedrichsgrün von 10:30 – 11:30 Uhr OFFENE KIRCHE anbieten. Ich selbst werde vor Ort sein. Allerdings müssen wir darauf achten, dass nicht mehr als 15 Personen den Kirchenraum gleichzeitig betreten. Der Mindestabstand von 1,5 m nach allen Seiten muss eingehalten werden. Bitte bringen Sie Ihren eigenen Mund-Nase-Schutz mit. Evtl. wird es mehere kleinere Andachten hintereinander geben.
Wie es nach dem 3. Mai 2020 mit dem Gemeindeleben weitergeht, erfahren Sie, sobald wir vom Bund, vom Freiststaat Sachsen und auch aus dem Landeskirchenamt in Dresden wissen, wie wir in den Gemeinden vor Ort vorgehen dürfen und was erlaubt sein wird. Bis dahin finden weiterhin die Kreise der Gemeinde nicht statt. Einen aktuellen Gemeindebrief erhalten Sie, wenn wir die Gottesdienste und andere Veranstaltungen wieder mit relativer Sicherheit planen können. 
Diesen Brief und die darin enthaltene Andacht, sowie die Informationen dürfen Sie selbstverständlich gern weitergeben.

Herzliche Grüße ich Sie und wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit!

Ihre Pfarrerin Rowena Jugl